Mittwoch, 27.09.2017

Zurück in den Tumult nach Bafoussam

Etwas zu spät möchte ich euch gerne von unserem ersten Ausflug in die nächstgrößere Stadt Bafoussam berichten. Dieser schloss sich dem Verteilen der Spenden an, von dem ich euch bereits erzählt habe.

Zwei weitere Freiwillige, welche in Bafoussam arbeiten und leben, haben uns für den Samstag eingeladen, um uns die Stadt etwas zu zeigen, aber vor allem um andere Gleichgesinnte kennenzulernen. Komisch irgendwie, dann sind da auf einmal doch andere Leute in der gleichen Situation, die für einen selbst und sein Umfeld völlig neu und mit vielen verschiedenen Gefühlen behaftet ist. Prinzipiell sah ich dem ganzen aber eher mit gemischten Gefühlen entgegen. Der Leiter unserer Einrichtung (genannt DG) und seine Frau (genannt MaDe) sind zwar wirklich herzensgute Menschen, aber eben deswegen hat es etwas gedauert bis wir ihr Einverständnis hatten, um alleine nach Bafoussam zu fahren. Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass wir mehr ihre Kinder als Freiwillige sind (wir wurden ständig von dem Satz: ,,On doit s´occuper des belles filles“ bzw. ,,Wir müssen uns um unsere schönen Mädchen kümmern“ begleitet – an der Stelle beruhigt das vielleicht auch alle, die sich Sorgen machen). Nachdem ich mich also schon darauf eingestellt habe, dass wir das Wochenende Zuhause (mit Büchern!) verbringen, waren wir dann doch auf dem Weg nach Bafoussam.

Allerdings nicht wie erwartet in einem der Taxen, die drohen jeden Moment auseinander zu fallen, aber stattdessen mit beeindruckenden Geschwindigkeiten durch die unzähligen Schlaglöcher brettern, sondern im Auto der Königin von Baham. Diese hat uns freundlicherweise mitgenommen, als DG im Vorbeifahren aus dem offenen Fenster gefragt hat, wohin sie denn unterwegs sei. Im Auto habe ich mir gewünscht, dass die Fahrt gar nicht aufhört. Hier gibt es so viel zu sehen, auch auf der ,,Landstraße“ sind überall Menschen und natürlich unzählige Motos, die beeindruckende Beladungstechniken aufweisen. Ganz abgesehen davon kann man sich alles in Ruhe anschauen, ohne von vielen lauten Menschen umgeben zu sein. Wer mich kennt weiß, dass das mir ein absolutes Gräuel ist, ich beobachte lieber ungestört von außen.

Allerdings ist das in Kamerun nicht wirklich möglich, kaum stiegen wir aus dem Auto aus, schlug uns schon wieder der Lärm einer Stadt entgegen, in der Blinker prinzipiell durch Hupen ersetzt werden.

Wie zu erwarten hatten wir keine Probleme die anderen Freiwilligen zu finden, das gestaltet sich doch deutlich einfacher als in Deutschland, da durch die Hautfarbe ein nicht unwichtiges Auswahlkriterium besteht. Das vergisst man auch niemals, wenn man in Kamerun als Weiße unterwegs ist. Nachdem wir uns einen unfassbar geilen und unfassbar günstigen Avocadosalat in einer Bar gegönnt haben, in der wie überall eine Toilettenspülung gefehlt hat bzw. diese nicht funktioniert (zur Deko ist sie immerhin ganz schön 😀 ), wurden wir auf dem sogenannten Marché A durchgehend von ,,La Blanche“- Rufen ( ,,die Weiße“) begleitet. Ehrlich gesagt erinnere ich mich auch kaum an mehr. Es war viel zu viel, als dass man sich das alles hätte merken können. Aber prinzipiell ersetzt hier der ,,Marché“ den Supermarkt, sodass es von Obst und Gemüse über Schuhe und Kleidung bis hin zu Zahnpasta alles gibt.

Während ich es in Deutschland schon immer ganz schrecklich finde, wenn man von übermotivierten Verkäufern daran gehindert wird, sich alles in Ruhe anzuschauen, ist es hier kaum möglich auch nur einen Schritt zu machen, ohne von den Verkäufern darauf aufmerksam gemacht zu werden, dass ihre Ware ganz, ganz toll ist und man das unbedingt braucht (das schließt übrigens ein An-den-Arm-Packen ein). Das potenziert sich natürlich als Weiße nochmal, da es eine Tatsache ist, dass wir wesentlich mehr Geld haben als die meisten Leute vor Ort (und als die Verkäufer ganz sicher). Dabei sind aber trotzdem alle ganz freundlich und es ist auch durchaus möglich. den Markt zu durchqueren ohne irgendwo stehen zu bleiben. Bleibt man das dann doch, fühlt man sich so begehrt wie noch nie im Leben (also an alle Singles: Auf nach Afrika! Das ist das beste Mittel gegen das Gefühl einsam zu sein 🙂 ). Trotzdem habe ich es geschafft nichts zu kaufen, was allerdings auch dadurch begründet war, dass ich nach ca. der Hälfte völlig darauf konzentriert war, nicht hinzufallen, da der Boden sich von festgestampfter Erde in einen Schlammpiste verwandelt hat, die es sich ganz sicher als Ziel gesetzt hat, möglichst viele weiße, tollpatschige Europäerinnen zu Fall zu bringen (aber natürlich habe ich gekämpft und dank meiner sehr ausgeprägten Geschicklichkeit gesiegt!).

Von dem typischen kamerunischen Treiben waren wir bei Eintreten in einen Supermarché (die es hier auch gibt, aber eben nur in größeren Städten) mit einem Schritt wieder in Europa. Okay, nicht ganz, immerhin sitzen in Europa keine zwei Mitarbeiter am Ausgang und führen ihr Kassenbuch, indem man beim Rausgehen den Kassenzettel an sie weitergibt (was bin ich froh, dass es an meinen Französischkenntnissen gescheitert ist, der Kassiererin zu sagen, dass ich den Kassenzettel nicht brauche). Aber es gibt Dinge, die ich wiedererkenne und bei denen ich mich nicht frage, ob die wohl essbar sind. Unter anderem auch die typische Lidl-Billig-Schokolade, die man zum Backen nimmt und die in Deutschland auf um die 60 Cent kommt, hier aber fast das doppelte kostet. Oder Nutella, das ich schändlicherweise nicht gekauft habe, weil es irgendwie komisch gewesen wäre, mit einem Glas Nutella zu DG und MaDe nach Hause zu kommen – aber das werde ich zu 100 Prozent beim nächsten Mal nachholen!

Aber wenigstens Schoki haben wir mitgenommen. Die war auch bitter nötig, da sowohl meine EC-Karte als auch meine Kreditkarte von drei Geldautomaten als nicht vertrauenswürdig befunden wurden. Dazu muss man vielleicht wissen, dass ich in D auch schon echt viel Stress diesbezüglich hatte und es einfach nur zum Kotzen war, dass sich das dann noch nicht mal gelohnt hat. Der vierte Geldautomat hat dann funktioniert und aus Erleichterung darüber, dass es überhaupt geklappt hat, habe ich dann ohne wirklich darüber nachzudenken eine viel zu unvernünftig große Summe abgehoben. Um das schon mal vorweg zu nehmen: Trotz aller Befürchtungen und Warnungen bin ich samt Geld wohlbehalten Zuhause angekommen.

Die Heimfahrt war trotzdem ein Erlebnis für sich. Fünf Plätze im Auto nutzen dessen Kapazität natürlich nur unzureichend aus. In Kamerun fährt ein Taxi nur los, wenn es voll ist. Und voll heißt wirklich voll, also insgesamt 7 Personen im Auto. Dafür kostet die 30-minütige Taxifahrt von Bafoussam nach Baham umgerechnet aber auch nur 90 Cent. Hält man also schon aus, auch wenn es durch das Übergewicht zweier Mitfahrer nicht unbedingt angenehmer wurde.

Zurück in Baham war ich dann aber doch recht froh, dass ich meinem Individualabstand wieder Raum geben konnte.🙂